Simulation von belastbaren, biobasierten Wertschöpfungsketten am Beispiel von Miscanthus und Sorghum im Donauraum
Können die Wertschöpfungsketten in der Makroregion Donau nachhaltiger, kreislauffähiger, und widerstandsfähiger gegenüber Störungen wie beispielsweise Pandemien sein? Wie könnte eine Modellierung helfen, die wirtschaftliche Tragfähigkeit der Entwicklung von Miscanthus- und Sorghumbasierten Wertschöpfungsketten in dieser Region zu simulieren?
Das Projekt Danube Alliance, ein Vorzeigeprojekt des Schwerpunktbereichs 8 der EU-Strategie für den Donauraum (EUSDR), zielte darauf ab, die Widerstandsfähigkeit bestehender oder neuer transnationaler Lieferketten in diesem Gebiet zu fördern. Im Mittelpunkt der Aktivitäten stand die Unterstützung von KMU bei der Einbettung in neue Wertschöpfungsketten. Das Projekt wurde von Januar 2020 bis Dezember 2022 von der VDI/VDE Innovation und Technik GmbH als Leadpartner gemeinsam mit der BIOPRO Baden-Württemberg GmbH, dem Herman Hollerith Zentrum (HHZ) der Hochschule Reutlingen und dem Steinbeis Europa Zentrum durchgeführt.
Die erste Phase des Projekts (2021 – 2022) gliederte sich in vier Schritte:
- Analyse ausgewählter Wertschöpfungsketten
- Simulation durch Modelle
- Wissenstransfer
- Bewusstseinsbildung
Die Partner der Initiative definierten ein Wertschöpfungsnetzwerk als eine Wertschöpfungskette, die in Krisenzeiten widerstandsfähig und anpassungsfähig sowie ressourceneffizient und zirkulär sein kann. Diese Komponenten führten zu den „New Resilience“-Kriterien, die die Analyse, Modellierung und Entwicklung von Wertschöpfungsketten durch das Projekt leiteten.
Basierend auf diesen Kriterien diskutierten die Partner mit Experten in Baden-Württemberg und darüber hinaus, um Business Cases zu identifizieren, die vielversprechende Szenarien biobasierter Wertschöpfungsketten im Donauraum aufzeigen. Als Ausgangsstoffe wurden Miscanthus (Elefantengras) und Sorghum ausgewählt und Modelle entwickelt, um zu zeigen, bei welchen Produkten und Dienstleistungen beide Graskulturen als Basis dienen können – von Bioenergie oder Biokraftstoffen bis zur Produktion biobasierter Grundchemikalien über eine Kaskadennutzung. Beide Gräser sind sehr anpassungsfähig in Bezug auf Standort, Temperatur und Wasserverfügbarkeit, was sie klimaresistent und nützlich für landwirtschaftlich nicht nutzbare Gebiete (marginal land) macht. Dadurch können Landnutzungskonflikte vermieden werden.
Die BIOPRO Baden-Württemberg hat gemeinsam mit baden-württembergischen Experten wie der Advanced Ecologics GmbH und dem Botanischen Institut des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) aktiv am Auswahlprozess der Parameter für die Wertschöpfungsketten mitgewirkt und fachlich beraten.
Das Miscanthus Modell
Es wurden die wichtigsten Phasen des Anbaus, der Ernte, des Transports und der Verarbeitung von Elefantengras beschrieben. Das HHZ entwickelte ein Modell, das unterschiedliche Anwendungen von Teilen des Grases in Abhängigkeit von der Umwandlungsart (pyrolytisch, mechanisch) und der Anwendung des Endprodukts (Dämmstoff, Pappe, Pyrolysegas, Öl, Kraftstoffe, Grundchemikalien und Pflanzenkohle) zeigt. Auch Maisstroh wurde im Miscanthus-Wertschöpfungsverbund berücksichtigt. Nach einer detaillierten Darstellung aller relevanten Prozessschritte wurden Preis-Mengen-Gerüste anhand unterschiedlicher Eingangsdaten (z. B. Anbaugebiete, Erntezeiten, Wetterdaten, Betriebs- und Anschaffungskosten, Energieverbrauch) in das Prozessmodell integriert. Das Modell sah den Energie- und Brennstoffverbrauch sowie die stoffliche Verwertung des Grases vor. Dazu wurde eine Pilotregion in Vidin (Bulgarien) identifiziert und eine Reise vom 14. bis 16. September 2022 organisiert. Eines der Ergebnisse war, dass die zentrale Herausforderung bei der Entwicklung dieses Wertschöpfungsnetzwerks vor allem in der Finanzierung der Kraftwerksanlage zur Biomasseumwandlung liegt. Im letzten Teil des Projekts wurden eine mögliche territoriale Umsetzungsstrategie und Diskussionen zum Business Case erstellt.
Das Sorghum-Modell
Der Anwendungsbereich von Sorghum in Europa wurde bis 2022 stark eingeschränkt. Seine Anwendungen für den menschlichen Verzehr, die Tierernährung und die Bioethanolproduktion sind bisher gut untersucht, während andere Anwendungen (z. B. Bioverpackung, Biodünger) eher niedrige Technology Readiness Levels (TRLs) aufweisen. Einerseits wurde ein Modell für Sorghum als Energiepflanze und andererseits für die Nutzung als Lebens- und Futtermittel geschaffen. Die Kosten bezogen sich meist auf die Erntemenge, die sich aus der Feldgröße und der Erntemenge pro Hektar ergibt.
Um Projekte für eine belastbare Wertschöpfungskette zu entwickeln wurden Kooperationen mit Partnern aus dem Donauraum aufgebaut. Es fanden mehrere Treffen mit dem ungarischen Cluster für Verpackungstechnologie Omnipack, dem Pulp and Paper Institute, Ljubljana (ICP) und der Moholy-Nagy University of Art and Design (Budapest) statt, bei denen Verpackungsanwendungen auf Basis von Sorghum diskutiert wurden. Es wurde jedoch der Schluss gezogen, dass der TRL zu niedrig war. Schließlich konnte kein Partner mit einem konkreten Business Case oder mit weitergehender Erfahrung in Bezug auf das Marktpotenzial identifiziert werden.
Wirkung und Erkenntnisse
Die Aktivitäten des Projekts erreichten rund 110 Akteure im gesamten Donauraum. Nach zweijähriger Projektdurchführung wurde festgestellt, dass der Gesamtansatz der Donauallianz zwar funktionieren kann, eine belastbare Wertschöpfungskette im Sinne einer zirkulären Bioökonomie jedoch in vielen Fällen schwer zu erreichen ist. Die Ergebnisse sahen die Notwendigkeit einer weiteren Integration verschiedener digitaler Dienste (z. B. Value Chain Modeller, Value Chain Generator) für eine gezielte Entwicklung der Wertschöpfungskette. Das Projekt stellte relevante Erkenntnisse dar, die in naher Zukunft durch neue Projekte weiterverfolgt werden können.