„Unternehmen spielen die Hauptrolle auf dem Weg in eine nachhaltige Zukunft“
Wirtschafts- und Arbeitsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut und Regierungspräsidentin Sylvia M. Felder diskutierten mit Kristin Schreiber, Direktorin der Generaldirektion Binnenmarkt, Industrie, Unternehmertum und KMU (GROW) der Europäische Kommission, sowie Vertretern aus vier europäischen Regionen über die Umsetzung des Green Deal im Lichte der aktuellen Herausforderungen.
Die Ministerin hob in der Diskussion die Bedeutung der Unternehmen im Transformationsprozess hervor: „Unsere Unternehmen spielen die Hauptrolle auf dem Weg in eine nachhaltige und klimaneutrale Zukunft. Sie sind es, die die dafür notwendigen Technologien und Produkte überhaupt erst entwickeln und umsetzen.“ Der Schlüssel zur erfolgreichen Transformation sei Innovation, betonte Hoffmeister-Kraut weiter: „Aufgabe der Politik ist es, eine erfolgreiche Transformation in der Breite der Wirtschaft zu ermöglichen – etwa durch das Innovationsförderprogramm Invest BW, das Unternehmen mit insgesamt 300 Millionen Euro unterstützt.“ Besonders für KMU biete das Programm wirkungsvolle Anreize, Forschung und Entwicklung auszubauen und innovative Produkte schnell auf den Markt zu bringen – gerade auch im Bereich Klimaschutz, so die Ministerin. Als einen weiteren wichtigen Baustein nannte sie die Mittel aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE), mit dem das Land in Projekte für nachhaltige Innovationen investiert.
Das Regierungspräsidium Karlsruhe ist offizieller Programmpartner im EFRE-Förderprogramm Interreg VI Oberrhein. Regierungspräsidentin Sylvia M. Felder hob in der Diskussion die Bedeutung des grenzüberschreitenden Ansatzes hervor: „In unserer deutsch-französisch-schweizerischen Grenzregion am Oberrhein haben Wirtschaft und Wissenschaft im Verbund das Potenzial, die Trinationale Metropolregion Oberrhein zu einer der stärksten Innovationsregionen Europas und zu einem Vorreiter für Klimaschutz zu machen.“ Das Programm Interreg VI Oberrhein setze in der neuen Förderperiode eine Priorität auf den Ausbau der Forschungs- und Innovationskapazitäten sowie die Steigerung des nachhaltigen Wachstums und der Wettbewerbsfähigkeit von KMU. „Durch den grenzüberschreitenden Austausch innovativer Ideen und Erfahrungen entstehen neue Projekte mit wichtigen Impulsen für eine nachhaltige Wirtschaft am Oberrhein“, so Felder.
Auf die Frage, inwieweit sich die Transformationsprozesse bei den Unternehmen in Baden-Württemberg durch den Ukrainekrieg verändert hätten, bestätigte die Wirtschaftsministerin, dass die Unternehmen die Folgen des Krieges deutlich spüren. „Der Krieg hat die Dringlichkeit von Ressourcen- und Energieeffizienz und einer nachhaltigen und resilienteren Geschäftsstrategie erhöht“, so Hoffmeister-Kraut. Sie betonte, dass es nicht ausreichen werde, auf die aktuelle Energiekrise zu reagieren, sondern auch langfristige Maßnahmen und Strategien notwendig seien: „Wir müssen die Herausforderungen als Chance nutzen und die Weichen für ein digitales und ökologisches Zeitalter klug stellen.“ Dazu sei es notwendig, dass die Wirtschaft von Hemmnissen befreit werde. Als konkrete Beispiele nannte sie die Förderung von Leittechnologien, Änderungen im Steuerrecht hin zu einer Verlängerung der degressiven Abschreibung und Einführung einer Superabschreibung sowie eine massive Beschleunigung der Planungs- und Genehmigungsverfahren – nicht nur bei der Windkraft. Mit Blick auf die ständig zunehmenden Berichts- und Dokumentationspflichten für Unternehmen erneuerte die Ministerin ihre Forderung nach einem Belastungsmoratorium. Das Regierungspräsidium Karlsruhe, ergänzte Regierungspräsidentin Felder, unterstütze die Beschleunigung der Planungs- und Genehmigungsverfahren durch eine neu eingerichtete Stabstelle, die als zentrale Anlaufstelle für Kommunen, Planerinnen und Planer, Investorinnen und Investoren, Verbände sowie Behörden zu Fragestellungen rund um die Energiewende diene.
Im Austausch mit Vertretern der vier europäischen Regionen Baden-Württemberg, Grand Est (Frankreich), Tampere (Finnland) und Steiermark (Österreich) hob die Ministerin den hohen Stellenwert von Partnerschaften und europäischen Kooperationen hervor: „Wir wollen von den Besten lernen und unsere Erfahrungen weitergeben.“ Daher sei ihr Ministerium auch Partner im „European Enterprise Network“ und derzeit an der Erarbeitung einer Informationskampagne zum Thema Green Deal und KMU beteiligt. Angesichts der aktuell enormen Herausforderungen sei es zudem gewinnbringend, die Breite der Wirtschaft mit an den Tisch zu holen. Mit dem Strategiedialog Automobilwirtschaft etwa habe das Land ein Format entwickelt, um die Transformation gemeinsam mit allen relevanten Stakeholdern zu gestalten. „Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft stimmen sich hier ab und arbeiten gemeinsam an Lösungen, damit das Auto der Zukunft auch aus Baden-Württemberg kommt“, so die Ministerin.
Abschließend betonte Hoffmeister-Kraut den zum Erreichen der Klimaziele notwendigen engen Schulterschluss von Politik und Wirtschaft: „Die Transformation werden wir nur gemeinsam meistern. Dazu brauchen wir alle regionalen Stakeholder an einem Tisch und die Bereitschaft, über die Grenzen des eigenen Landes hinaus zu denken, zusammenzuarbeiten und voneinander zu lernen.“
Zum Hintergrund
Im Rahmen der Veranstaltung stellten die vier europäischem Innovationsregionen Baden-Württemberg, Grand Est (Frankreich), Tampere (Finnland) und Steiermark (Österreich) konkrete Strategien und Projekte zur Umsetzung des Green Deal im Wirtschaftsbereich vor. Baden-Württemberg war durch die TechnologieRegion Karlsruhe mit folgenden drei Projekten vertreten:
- regionale Entwicklungsstrategie Technologie-Region Karlsruhe 2030
- Entwicklung eines Wasserstoff-Hubs an den Rheinhäfen Karlsruhe
- sowie die Fach- und Clusterinitiative Fibres for food and fabric – Pflanzenbasierte Fasern für regionale Wertschöpfungsketten (FFF)“, deren Ziel es ist, Lösungen für eine biobasierte und nachhaltige Zukunft in der TRK zu entwickeln.
Der Green Deal
Der „European Green Deal“ ist ein von der Europäischen Kommission unter Ursula von der Leyen am 11. Dezember 2019 vorgestelltes Konzept mit dem Ziel, bis 2050 in der Europäischen Union die Netto-Emissionen von Treibhausgasen auf null zu reduzieren und somit als erster „Kontinent“ klimaneutral zu werden. Der Green Deal ist die zentrale politische Leitlinie der europäischen Klimapolitik. Sie umfasst zahlreiche Projekte und Initiativen etwa in den Bereichen Kreislaufwirtschaft, CO2-arme Produktion und Energieerzeugung sowie Finanzierung.