Schon heute ist Künstliche Intelligenz (KI) zu einem festen Bestandteil des täglichen Lebens geworden und prägt den Alltag der Menschen in Form von unterschiedlichsten Anwendungen, angefangen von der Spracherkennung auf dem Handy bis hin zu teilautonomen Fahrzeugen auf den Straßen. „Diese Entwicklung wird sich im nächsten Jahrzehnt noch deutlich verstärken“, ist Prof. Dr. Caroline Ruiner, Prorektorin für Digitale Transformation an der Universität Hohenheim, überzeugt. „In den kommenden Jahren wird Künstliche Intelligenz weltweit Gesellschaft, Wirtschaft und den Alltag der Menschen verändern.“
Die Universität Hohenheim baut bereits seit Jahren ihr Angebot zu KI und Data Science (Datenwissenschaft) aus: „Mit dem fakultätsübergreifenden Computational Science Lab (CSL) haben wir 2018 eine Vernetzungsmöglichkeit geschaffen, mit der wir Aktivitäten rund um unser Querschnittsthema ‚Digitale Transformation‘ – und damit verbunden Künstliche Intelligenz und Data Science – in Forschung und Lehre bündeln“, sagt Prof. Dr. Ruiner.
Darüber hinaus zeige auch die Einrichtung und Besetzung neuer einschlägiger Professuren, dass Hohenheim der wachsenden Bedeutung von KI und Data Science Rechnung trage.
Projekt AIDAHO: Zertifikat als Qualifizierungsnachweis
Um die KI-Kompetenzen von Studierenden aller drei Fakultäten – Agrarwissenschaften, Naturwissenschaften sowie Wirtschafts- und Sozialwissenschaften – zu fördern, erhält das CSL rund 1,4 Millionen Euro Fördergeld für das Projekt AIDAHO. Dieses neue Qualifizierungsangebot richtet sich in erster Linie an fortgeschrittene Bachelor- und Masterstudierende. Ab dem Wintersemester 2022/23 sollen sie das Lehrprogramm zusätzlich zu ihrem Fachstudiengang absolvieren und das „AI & Data Science Certificate Hohenheim“ (AIDAHO) erwerben können.
„Durch die Teilnahme am AIDAHO-Lehrprogramm erwerben die Studierenden zukunftsweisende berufsqualifizierende Kenntnisse und Kompetenzen, die künftig am Arbeitsmarkt immer stärker nachgefragt werden", betont Prof. Dr. Robert Jung, Leiter des CSL und des Fachgebietes Ökonometrie und Wirtschaftsstatistik an der Universität.
„Ziel ist es, ein fächerübergreifendes Lehrangebot zu entwickeln, das Grundlagen zu KI, insbesondere maschinellem Lernen, Data Science sowie Scientific Computing vermittelt“, erklärt er weiter. Ein allgemeines Basismodul bildet das theoretisch-methodische Fundament für das anschließende Spezialisierungsmodul, in dem die Studierenden die erworbenen Kenntnisse und Kompetenzen forschungsnah und anwendungsorientiert in fachspezifischen Projekten umsetzen.“
Ziel: Eigenständiger Studiengang mit KI- und Data Science-Schwerpunkten
Geplant ist es, die Kurse online, aber auch in Form von Blended-Learning-Formaten anzubieten, bei denen beispielsweise Präsenz-Veranstaltungen durch Online-Selbstlernprogramme ergänzt werden: Dadurch können die Studierenden ihr Lerntempo selbstständig bestimmen und an ihre Lebensumstände anpassen. Tests und Quizfragen geben den Studierenden Rückmeldung über ihren aktuellen Wissensstand und den Dozent:innen über die Effektivität ihrer Lehre. Besonderer Wert wird darüber hinaus auf Angebote gelegt, die den sozialen Austausch unter den Studierenden ermöglichen.
Das Lehrprogramm des AIDAHO-Zertifikats soll regelmäßig mit Personalverantwortlichen der regionalen Wirtschaft diskutiert und überprüft werden, um den Bedarf der Unternehmen passgenau erfüllen zu können. Weitere Kooperationen mit der regionalen Wirtschaft fördern den Kontakt von Studierenden zu den Unternehmen und Abschlussarbeiten mit praxisrelevanten KI- und Data Science-Themen. Über die Laufzeit dieses initiierenden Förderprojektes hinaus ist es das Ziel, aus dem AIDAHO-Lehrprogramm einen eigenständigen Studiengang mit KI- und Data Science-Schwerpunkten zu entwickeln.
Projekt ABBA: Aufbau von KI-Kompetenzen bei Wirtschaftswissenschaftler:innen
Speziell auf Wirtschaftswissenschaftler:innen ausgerichtet ist das Verbundprojekt ABBA, bei dem das Karlsruher Institut für Technologie (KIT), die Frankfurt University of Applied Sciences, die Universität Bayreuth, Fraunhofer FIT Bayreuth/Augsburg mitwirken. Die Förderinitiative „Künstliche Intelligenz in der Hochschulbildung“ unterstützt das auf vier Jahre angelegte Vorhaben mit insgesamt rund 4,2 Millionen Euro, wovon rund 1,8 Millionen Euro die Universität Hohenheim erhält.
Prof. Dr. Henner Gimpel vom Fachgebiet Digitales Management in Hohenheim und Leiter des Verbundprojektes erklärt: „Wirtschaftswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler treffen zentrale betriebliche Entscheidungen. Damit fällt ihnen zunehmend eine brückenbauende Rolle beim Einsatz von Künstlicher Intelligenz zu. Um erfolgreich mit Teammitgliedern aus dem technologischen Bereich zusammenzuarbeiten und zwischen ihnen und dem Top-Management übersetzen zu können, müssen sie über spezifisches KI-Know-how verfügen.“
„Sie brauchen aber auch Management-Kenntnisse, um technische Systeme zu bewerten, sie in betriebliche Prozesse, Arbeitsumgebungen, Produkte und Dienstleistungen einzubetten und sie dauerhaft zu steuern“, fährt er fort. Deshalb wendet sich das Verbundvorhaben in erster Linie an Studierende der Betriebswirtschaftslehre, des Digital Business Management, der Wirtschaftsinformatik sowie verwandte Wirtschaftsstudiengänge, die insgesamt ca. 22 Prozent der Studierenden an deutschen Hochschulen ausmachen.
Interdisziplinäre KI-Kompetenzen – wissenschaftlich fundiert und praxisnah
Ziel von ABBA ist es, einen didaktisch hochwertigen Baukasten mit Lehrmodulen zu entwickeln, die Studierenden der Wirtschaftswissenschaften wissenschaftlich fundiert und praxisnah interdisziplinäre KI-Kompetenzen vermitteln. Dabei beginnen die Lerninhalte bei den technologischen Grundlagen und reichen über das KI-Management bis hin zu ethischen, rechtlichen und sozialen Fragestellungen.
Darüber hinaus werden in einer KI-Lernfabrik gemeinsam mit Studierenden KI-Inhalte „zum Anfassen“ entwickelt. Das Herzstück wird eine KI-Werkstatt sein. Sie macht KI erfahrbar und soll im Rahmen von Workshops für Studierende und anwendungsorientierten Projektseminaren offen zugänglich sein. Im Projekt soll zudem ein KI-Navigator entstehen, der Studierenden und Dozierenden Orientierung in der Vielzahl an guten, öffentlich verfügbaren Lehr- und Weiterbildungsangeboten zu den verschiedensten KI-Themen bietet.
Vielfältige Vernetzung und forschendes Lernen
Einen weiteren wesentlichen Aspekt bildet sowohl die Vernetzung mit Wirtschaftsunternehmen als auch der Hochschulen untereinander. Der Kontakt zu Unternehmen soll Studierenden schon während des Studiums Orientierung bieten, welche Kompetenzen in der Praxis benötigt werden.
Hochschulübergreifende Lehrveranstaltungen und Forschungsprojekte ergänzen das Angebot. Eine wichtige Rolle spielt das forschende Lernen, das in Hohenheim fest verankert ist. Die Studierenden erleben dabei ein Forschungsvorhaben in seinen wesentlichen Phasen und können es mitgestalten, erfahren und reflektieren.