Drei Jahre ICM: ressourcenschonend Produzieren – emissionsfrei Fahren
Mobil bleiben und produzieren, ohne die natürliche Regenerationsfähigkeit der Erde zu überfordern, das ist der Anspruch des InnovationsCampus Mobilität der Zukunft (ICM) am Karlsruher Institut für Technologie KIT und der Universität Stuttgart. Fast 300 Forschende in gut 60 Forschungsprojekten und 40 Forschungsinstituten arbeiten hier an Elektromotoren ohne Seltene Erden, neuartigen Fertigungstechnologien und selbstlernenden Software-Systemen für Fahrzeuge. Der ICM ist eine der größten Initiativen zur Mobilität und Produktion der Zukunft in Deutschland. Erste am ICM erarbeitete Lösungen zeigen, dass sich wirtschaftlicher Erfolg und ökologische Verantwortung keineswegs ausschließen, sondern sogar ergänzen können. Einige davon wurden am 12. Oktober 2022 bei den „Future Mobility Open Labs“ am KIT vorgestellt.
„Baden-Württemberg gestaltet die Transformation zu einer nachhaltigen und ressourcenschonenden Mobilität mit: Durch die Verbindung der beiden forschungsstarken Universitäten KIT und Universität Stuttgart im InnovationsCampus Mobilität der Zukunft schaffen wir ein attraktives Forschungsumfeld. Kluge Köpfe aus der Wissenschaft kommen hier zusammen, um durch exzellente interdisziplinäre Forschung die Grundlagen für die Mobilitäts- und Produktionstechnologien von morgen zu liefern“, sagt Wissenschaftsministerin Petra Olschowski. „Der InnovationsCampus Mobilität der Zukunft ist ein Forschungsleuchtturm – hier werden Bausteine entwickelt für eine klimaneutrale Zukunft.“
Materialsparende und verschleißarme E-Motoren
Wir können eine nachhaltige und lebenswerte Welt nicht ohne Technologie gestalten. Dafür das Fundament zu legen, ist Aufgabe der Forschung. Dies ist auch der Kern der Mission des ICM!“, sagt Professor Albert Albers, Sprecher der Institutsleitung am IPEK – Institut für Produktentwicklung des KIT. Prototypen gibt es bereits von neuartigen Elektromotoren: „Reluktanzmotoren kommen ohne Permanentmagneten und Seltene Erden aus, so dass sie sehr nachhaltig und ressourcenschonend sind“, sagt Professorin Nejila Parspour, Direktorin des Instituts für Elektrische Energiewandlung der Universität Stuttgart. „Heute wird diese Maschine wegen ihrer geringeren Leistungsstärke aber noch nicht in Fahrzeugen eingesetzt. Der ICM entwickelt deshalb Möglichkeiten, die Drehzahl der Motoren zu steigern.“ Ein weiteres Forschungsfeld: elektrisch erregte Motoren. Im Gegensatz zu permanenterregten Motoren mit Seltenen Erden, die in nahezu jedem Fahrzeug eingesetzt werden, versprechen diese Motoren höhere Wirkungsgrade bei mittleren bis hohen Drehzahlen, was mehr Reichweite für batteriebetriebene Fahrzeuge bedeutet. Derzeit sind diese Maschinen noch verschleißanfällig, die Energieübertragung auf die Rotorwelle erfolgt über Schleifringe, die sich stark abnutzen. Am ICM wird an einer verschleißfreien induktiven Energieübertragung gearbeitet, die diesen Motortyp serientauglich für die breite Masse der Fahrzeuge auf dem Markt machen kann.
Selbstlernende Fahrzeugflotten
Die elektrischen und elektronischen Systeme in Fahrzeugen würden immer komplexer, konstatiert Professor Eric Sax vom Institut für Technik der Informationsverarbeitung des KIT. „Für eine effiziente und sichere Mobilität müssen alle Informationen und Komponenten optimal zusammenspielen. Dafür ist die entsprechende Informationstechnik der Schlüssel.“ Software, die sich im Fahrbetrieb selbst optimiert und erworbenes Wissen dann über eine Luftschnittstelle anderen Fahrzeugflotten zur Verfügung stellt. Prototypen laufen mit lernenden Busflotten, erste Serien könnte es 2025 geben.
Produktion muss sich ändernden Ansprüchen laufend anpassen können
Wenn sich die Ansprüche an Produkte wandeln, muss sich die Produktion verändern: „Kaum eine Branche steht vor so weitreichenden Veränderungen wie das Mobilitätssegment“, sagt Junior-Professor Andreas Wortmann vom Institut für Steuerungstechnik der Werkzeugmaschinen und Fertigungseinrichtungen der Universität Stuttgart. Deshalb müssen Anlagen, Maschinen und Prozesse der Fahrzeug- und Zulieferindustrie wandelbar sein, Software sollte sich automatisch anpassen. Obendrein bietet der Produktionsprozess an sich großes Potential zur Reduktion von Emissionen. „Gebraucht werden also flexible und universell einsetzbare Fertigungssysteme sowie schnelle und automatische Softwareanpassungen“, sagt Professorin Gisela Lanza vom Institut für Produktionstechnik am KIT. Das Ziel: die Universalmaschine. „Wir arbeiten daran, alle laserbasierten Fertigungsverfahren zu integrieren“, sagt Professor Thomas Graf, Direktor am Institut für Strahlwerkzeuge der Universität Stuttgart. 3D Druck, Schweißen, Schneiden, Bohren, Beschichten und Härten auf einer einzigen Anlage – sozusagen als „Schweizer Taschenmesser“ der Fertigung – ermögliche eine ortsunabhängige, hocheffiziente Produktion ohne Lagerhaltung und Logistikketten.