Die Grundlage der Materialien bilden Mikroorganismen, die Proteine abgeben und mit ihnen Holzabfälle zu Biokompositen verbinden können. Diesen Prozess werden die Forschenden mittels optogenetischer Methoden steuern, um so Materialien mit kontrollierbaren Eigenschaften zu erhalten, die mit verschiedenen Methoden charakterisiert werden. Das Vorhaben erhält knapp 750.000 Euro über zwei Jahre. Koordiniert wird es von Prof. Dr. Wilfried Weber, Forscher in der Synthetischen Biologie im Exzellenzcluster CIBSS – Centre for Integrative Biological Signalling Studies der Universität Freiburg. „Wir freuen uns, dass wir mit unserem Projekt DELIVER überzeugen konnten“, sagt Weber. „Dadurch haben wir die herausragende Möglichkeit, neuartige Wege hin zu nachhaltigen Materialien zu gehen.“
Konzept an der Schnittstelle von Materialwissenschaften, synthetischer Biologie und maschinellem Lernen
DELIVER ist inspiriert von der Fähigkeit lebender Organismen, Materialien mit spezifischen, an die äußeren Bedingungen angepassten Eigenschaften erzeugen zu können. Die Wissenschaftler*innen werden sich diese Fähigkeit zunutze machen: Das Ziel des Vorhabens ist, holzbasierte Multimaterialsysteme zu entwerfen, deren mechanische Eigenschaften und Aussehen sich gezielt steuern lassen. „Mit unserem Konzept beschreiten wir einen völlig neuen Weg, da es an der Schnittstelle von Materialwissenschaften, synthetischer Biologie und maschinellem Lernen ansetzt“, sagt Prof. Dr. Thomas Speck, Biologe im Exzellenzcluster Living, Adaptive and Energy-autonomous Materials Systems (livMatS). Er ist zusammen mit Dr. Tom Masselter im Forschungsteam von DELIVER für die Charakterisierung der physikalischen und mechanischen Eigenschaften der Multimaterialsysteme zuständig.
Kontrollierbare Materialeigenschaften durch Optogenetik
Die Forschenden werden optogenetische Methoden einsetzen, um die Materialeigenschaften zu modulieren. Mit diesen Methoden lässt sich die Informationsverarbeitung von Zellen beeinflussen, die steuert, wie äußere Reize interpretiert und welche genetischen Programme in den Zellen aktiviert werden. „Als Reiz nutzen wir Licht bestimmter Wellenlängen, mit dem wir die Mikroorganismen lokal bestrahlen“, erklärt Weber. „Dadurch aktivieren wir genetische Schalter, die die Produktion spezifischer Proteine steuern.“ So lässt sich kontrollieren, welche Proteine die Bakterien und Hefen abgeben, die dazu genutzt werden, Holzspäne oder andere, landwirtschaftliche Abfälle zu verbinden. Die so entstehenden Biokomposite werden abschließend gebacken, um die Bakterien abzutöten.
Datenbank mit passgenauen Materialien
Durch die verschiedenen Parameter, die die Forschenden verändern können, lässt sich künftig eine Vielzahl von Materialeigenschaften erreichen. In dem Projekt wird daher eine Datenbank entstehen, die die Beziehung zwischen genetischem Programm und Materialeigenschaft verzeichnet. Zur Vorhersage neuer Materialeigenschaften und deren Optimierung werden verschiedene Methoden des maschinellen Lernens eingesetzt, ein Projektteil der im Forscherteam von Dr. Clemens Kreutz geleitet wird. Roboter werden die unterschiedlichen Materialvarianten automatisiert synthetisieren und mechanische Tests durchführen. Auf Grundlage der Datenbank wird es künftig möglich sein, gezielt Materialien mit gewünschten Eigenschaften beispielsweise für den Möbelbau zu erzeugen und zu optimieren.
Über den Exzellenzcluster CIBSS
Der Exzellenzcluster CIBSS – Centre for Integrative Biological Signalling Studies hat das Ziel, ein umfassendes Verständnis von biologischen Signalvorgängen über Skalen hinweg zu gewinnen – von den Wechselwirkungen einzelner Moleküle und Zellen bis hin zu den Prozessen in Organen und ganzen Organismen. Mit dem gewonnenen Wissen lassen sich Signale gezielt kontrollieren und dies wiederum ermöglicht den Forschenden nicht nur Erkenntnisse in der Forschung, sondern auch Innovationen in der Medizin und den Pflanzenwissenschaften.
Über den Exzellenzcluster livMatS
Die Vision des Exzellenzclusters Living, Adaptive and Energy-autonomous Materials Systems (livMatS) ist, das Beste aus zwei Welten – der Natur und der Technik – zu verbinden. livMatS entwickelt lebensähnliche Materialsysteme, die von der Natur inspiriert sind. Diese Systeme werden sich autonom an Umweltbedingungen anpassen, saubere Energie aus ihrer Umgebung gewinnen und unempfindlich gegen Beschädigungen sein oder diese selbstständig ausgleichen.
Über die Carl-Zeiss-Stiftung
Die Carl-Zeiss-Stiftung hat sich zum Ziel gesetzt, Freiräume für wissenschaftliche Durchbrüche zu schaffen. Als Partner exzellenter Wissenschaft unterstützt sie sowohl Grundlagenforschung als auch anwendungsorientierte Forschung und Lehre in den MINT-Fachbereichen (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik). 1889 von dem Physiker und Mathematiker Ernst Abbe gegründet, ist die Carl-Zeiss-Stiftung eine der ältesten und größten privaten wissenschaftsfördernden Stiftungen in Deutschland. Sie ist alleinige Eigentümerin der Carl Zeiss AG und SCHOTT AG. Ihre Projekte werden aus den Dividendenausschüttungen der beiden Stiftungsunternehmen finanziert.