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Biointelligenz im Fraunhofer-Leitprojekt RNAuto (Teil 3)
Primäres Ziel des Leitprojekts RNAuto ist die Entwicklung automatisierter Herstellungsverfahren für innovative mRNA-Wirkstoffe, um eine nachhaltige und wirtschaftliche Gesundheitsversorgung mit Gen- und Zelltherapeutika zu gewährleisten. Eine Schlüsselrolle kommt dabei der digitalen Prozessautomatisierung zu. Nur damit können die Produktqualität und der Bedarf an bezahlbaren, innovativen Therapeutika sichergestellt werden.
Die Entwicklung neuartiger Arzneimittel und Medizinprodukte ist eine zentrale Säule der Gesundheitswissenschaften. Durch Erfolge in der Wirkstoffforschung stehen heute immer bessere, aber auch komplexere Therapiemöglichkeiten zur Behandlung neuer, sich rasch entwickelnder Infektionskrankheiten und bisher kaum heilbarer Krankheiten wie Krebs zur Verfügung. Für die Behandlung solcher Krankheiten werden sogenannte Advanced Therapy Medicinal Products (ATMP) eingesetzt, zu Deutsch: Arzneimittel für neuartige Therapien. Diese Therapeutika sind Arzneimittel für die personalisierte Anwendung beim Menschen, die auf Genen, Geweben oder Zellen basieren. Das bedeutet, jede Therapie ist individuell auf den einzelnen Patienten abgestimmt. Doch wie werden solche personalisierten Medikamente hergestellt?
Flexible, modulare und automatisierte Produktionsprozesse für die Herstellung von ATMP
Die Produktion von ATMP besteht aus etlichen aufwendigen Herstellungsschritten, die hohe personelle, organisatorische, regulatorische und technische Anforderungen mit sich bringen. Außerdem sind die derzeit in der pharmazeutischen Industrie etablierten Herstellungsprozesse hochgradig manuell. Das macht sie sehr zeitaufwendig und kostenintensiv, wodurch nur eine ausgesprochen geringe Patientenzahl über die bestehenden Produktionsabläufe mit personalisierten Produkten behandelt werden kann. Beispielsweise kostet die Herstellung einer einzigen Charge CAR-T-Zellen in der Krebstherapie ungefähr eine viertel Million Euro.
Genau dieser Problematik stellen sich die Fraunhofer-Experten im Projekt RNAuto. Die bestehenden manuellen Bioprozessverfahren müssen zunächst grundlegend modifiziert werden, um sie einer Automatisierung zugänglich zu machen. Die darauf aufbauende Zielsetzung ist es, flexible, modulare und automatisierte Produktionsprozesse mit hohem Durchsatz und bei vertretbaren Kosten unter Einhaltung der geforderten Qualitätsstandards umzusetzen. Im Fokus des Leitprojekts steht die bis zum Industriemaßstab skalierbare Herstellung von mRNAs, mRNA-Nanotransportern und mRNA-modifizierten Zellen als wichtige ATMP-Bausteine.
Digitaler Zwilling bildet Produktionsprozesse und Qualitätseigenschaften der ATMP ab
Für die automatisierte Herstellung von mRNA-basierten Wirkstoffen werden technische Lösungen in den Bereichen Bioreaktoren, Fluiddynamik, Qualitätskontrolle und automatisierte Datenanalyse etabliert. Zur umfassenden Digitalisierung der industriellen Produktion werden zentrale Elemente von Industrie 4.0 genutzt, sodass die Produktionsprozesse und Qualitätseigenschaften der hergestellten Produkte digital abgebildet, dokumentiert und überwacht werden.
Insbesondere das Konzept des Digitalen Zwillings wird dabei eingesetzt. Beispielsweise lassen sich, basierend auf den regulatorischen Bestimmungen, die Qualitätsanforderungen an das Produkt als digitales Modell beschreiben. Auf Knopfdruck wird daraus der entsprechende Digitale Zwilling erzeugt, der alles über die zu erreichende Produktqualität weiß, sie im laufenden Herstellungsprozess mittels Sensordaten überprüft und ggf. regulierend in die Produktion eingreift. Eingebettet in eine Softwarearchitektur, die den Digitalen Zwilling mit den notwendigen Daten versorgt, erfolgt damit automatisiert die Qualitätssicherung und -kontrolle. Außerdem werden Prozessdaten sowie Produktqualität dokumentiert. Die eingesetzte Open-Source Middleware Eclipse BaSyx wurde maßgeblich vom Fraunhofer IESE entwickelt und zur Ansteuerung einzelner Geräte und Komponenten wird die Steuerungssoftware COPE vom Fraunhofer IPT verwendet.